Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09.05.2011 entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses, für die der Steuerpflichtige aufzukommen hat, als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar sind. Mit diesem Urteil hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Kosten eines Zivilprozesses nur dann steuerlich geltend gemacht werden konnten, wenn es sich um den „Kernbereich menschlichen Lebens“ handelte.
Nach dem Urteil vom 09.05.2011 soll es als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ausreichen, dass der Zivilprozess hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte und die Durchführung des Prozesses nicht als mutwillig erschien. Allerdings sind die Kosten auch dann, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, nur absetzbar, soweit sie notwendig waren und nicht von einer Rechtsschutzversicherung getragen werden.
Die Freude über dieses Urteil währte nicht lange. Um auch das Steuerjahr 2011 noch erfassen zu können, erließ das Bundesfinanzministerium (BFM) noch im Dezember 2011 einen Nichtanwendungserlass – um die sofortige Anwendung des Urteils zu verhindern. Mit einem Nichtanwendungserlass weist das BMF die Finanzämter an, eine bestimmte Entscheidung nicht über den Einzelfall hinaus anzuwenden. Dadurch wird verhindert, dass die Finanzämter die Rechtsauffassung des BFH auf vergleichbare Fälle anwenden. Damit muss jeder einzelne Steuerpflichtige, der die Absetzbarkeit geltend machen will, sein Recht einzeln erstreiten.
Wer die Absetzbarkeit erreichen will, muss zunächst die anzusetzenden Kosten in seiner Steuerklärung für das Jahr, in dem sie angefallen sind, als außergewöhnliche Belastung geltend machen und bei Nichtanerkennung fristgemäß Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen. Sofern die Finanzverwaltung bei ihrer Ablehnung bleibt, kann dann der Klageweg beschritten werden. Im Gegensatz zur Finanzverwaltung ist die Finanzgerichtsbarkeit nicht an den Nichtanwendungserlass gebunden. Besonders bei hohen Prozesskosten kann sich der Rechtsweg finanziell lohnen.